BGF für Azubis: Gesundheit in der Ausbildung fördern

Azubis sind die Fachkräfte von morgen. BGM kann ihr Umweltbewusstsein früh fördern und so nachhaltig wirken. Wir beleuchten den Gesundheitszustand von Azubis, erklären Erfolgsfaktoren und listen konkrete Ideen für BGF-Maßnahmen auf. Eines ist klar: Die Investition in die Azubis-Gesundheit lohnt sich für das gesamte Unternehmen.

Das Wichtigste im Überblick

  • BGF für Auszubildende ist eine Investition in die Zukunft. Sie sichert langfristig die Leistungsfähigkeit und stärkt das Employer Branding.

 

  • Erfolgreiche Maßnahmen setzen auf Partizipation sowie digitale, interaktive Formate mit Gamification-Elementen.

 

  • Von modernen und aktivierenden BGF-Angeboten für Azubis profitieren letztlich Beschäftigte aller Altersgruppen.
Warum es BGF gezielt für Azubis braucht

Für viele junge Menschen ist die Ausbildung ein Wendepunkt im Leben. Die Schule endet, das Arbeitsleben beginnt. Ein neues Umfeld mit neuen Kolleg:innen und Aufgaben wartet. Vielleicht zieht man sogar in eine fremde Stadt, fährt täglich in einen unbekannten Stadtteil. Durch die 40-Stunden-Woche bleibt weniger Zeit für die Freizeit, doch man möchte im Betrieb ohnehin einen guten Eindruck machen – und stellt seine Bedürfnisse gerne mal hinten an, gerade am Anfang.

 

Für Unternehmen bietet jedes neue Ausbildungsjahr große Chancen. Mit jedem Azubi investieren sie in die Fachkräfte von morgen – in ihre Zukunft. Für die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) sind Auszubildende die ideale Möglichkeit, ein lebenslanges Gesundheitsbewusstsein zu formen, Weichen für ein gesundes Erwerbsleben zu stellen und die künftige Leistungsfähigkeit von Beschäftigten zu sichern. Eine gute Gesundheitsförderung ist angesichts des Fachkräftemangels außerdem ein entscheidender Faktor für das Employer Branding und die Attraktivität von Arbeitgebern.

1,2
Mio.
Auszubildende in Deutschland (1)
475
Tsd.
begannen im Jahr 2024 eine Lehre (2)
59
%
haben gesundheitliche Probleme, die mit der Arbeit zusammenhängen (3)
69
Tsd.
Ausbildungsstellen blieben 2024 unbesetzt. (4)
Gesundheit: Wie geht es den Azubis?

Wie immer im BGM-Prozess lohnt sich zu Beginn eine Analyse: Wie gesund sind eigentlich Azubis? Der BKK Gesundheitsreport 2023 sowie eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2019 geben Auskunft über den Gesundheitszustand von Auszubildenden und Berufseinsteiger:innen in Deutschland. Für die BGF sind dabei folgende Ergebnisse spannend:3,
 

  • Vier von fünf Azubis bewerten ihre Gesundheit als gut oder sehr gut.

 

  • Aber: Rund 60 Prozent haben gesundheitliche Probleme, die mit dem Arbeitsplatz zusammenhängen.

 

  • 64 Prozent berichten von körperlichen, 52 Prozent von psychischen Beschwerden.

 

  • Häufige Beschwerden waren etwa Verspannungen, Kopf- und Rückenschmerzen, Müdigkeit und Erschöpfung.

 

  • 40 Prozent aller AU-Fälle sowie rund jeder dritte AU-Tag gehen bei beschäftigten Männern und Frauen unter 30 Jahren auf das Konto von Atemwegserkrankungen.

 

  • Ein Viertel der Befragten ist kaum bis gar nicht sportlich aktiv. Die Azubis schlafen im Schnitt nur 6,8 Stunden pro Nacht.

 

  • Ein Drittel der Azubis raucht, mehr als die Hälfte hat in der Woche vor dem Befragungszeitraum ein- bis zweimal Alkohol getrunken.
Rund 60 Prozent der Azubis haben gesundheitliche Probleme, die mit dem Arbeitsplatz zusammenhängen.

Arbeitsschutz: Azubis sind Risikogruppe bei Arbeitsunfällen

Weitere Daten betreffen vor allem den Arbeitsschutz. Sie zeigen: Die Unfallzahlen sind bei jungen Berufsanfängern besonders hoch. Die Altersgruppe der 20- bis unter 25-Jährigen verzeichnet laut der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik mit rund 12 Prozent (über 82.000 Unfälle) den höchsten Anteil an meldepflichtigen Arbeitsunfällen. Typische Verletzungen sind laut Statistik Prellungen, Quetschungen sowie Schnitt-, Stich- und Schürfwunden. Ursachen für das hohe Unfallrisiko sind etwa mangelnde Erfahrung, da Risiken oft falsch eingeschätzt oder übersehen werden. Zum Teil fehlen Vorbilder, die Gesundheits- oder Arbeitsschutzmaßnahmen vorleben – wenn erfahrene Kolleg:innen Richtlinien ignorieren, etwa keine Sicherheitsschuhe oder Gehörschutz tragen, überträgt sich das oft auf die Auszubildenden. Und auch Scham spielt eine Rolle: Gerade beim Umgang mit Maschinen trauen sich viele Azubis bei Unsicherheiten nicht nachzufragen, was Fehler und damit Unfälle begünstigt. (5)
BGF für Azubis: Erfolgsfaktoren für die Umsetzung

Eine Zahl, die BGF-Verantwortliche sicher freut: Mehr als 80 Prozent der Azubis finden betriebliche Gesundheitsangebote gut.3 Entgegen mancher Vorurteile wollen Azubis etwa mehr über Arbeitsschutz wissen, laut Umfragen wünschen sich 72 Prozent klare Regeln.5 Das ist Interesse ist also da. Nun gilt es nur noch, die passenden BGF-Maßnahmen für Azubis zu planen und umzusetzen. Helfen können dabei einige Erfolgsfaktoren, die gerade bei jüngeren Zielgruppen zu beachten sind.

 

Digitale, interaktive Formate wählen

 

Heutige Auszubildende sind als Digital Natives von klein auf mit dem Internet und sozialen Medien aufgewachsen. Das Smartphone ist ihr ständiger Begleiter. Das bedeutet: Trockene Frontalvorträge funktionieren nicht mehr. Fast zwei Drittel der Azubis wünschen sich speziell auf sie zugeschnittene Programme.3 Expert:innen empfehlen digitale, interaktive Formate und Tools, die durch Gamification zum Handeln motivieren.5

 

Teilhabe ermöglichen  

 

Partizipation ist ein Qualitätskriterium guter BGM-Praxis. Das gilt auch für Azubis: Sie sollten aktiv in die Planung und Umsetzung von BGF-Maßnahmen eingebunden werden. Was wünschen sie sich? Welche Probleme treiben sie um? Eine Beschäftigtenbefragung unter Azubis kann hilfreiche Erkenntnisse für die Maßnahmenplanung liefern.

 

Analoge und digitale Maßnahmen in Balance

 

Junge Menschen verbringen viel Zeit am Smartphone. Die BGF darf die hohe Bildschirmzeit deshalb nicht durch digitale Tools unnötig erhöhen. Es gilt auch hier, ein gesundes Maß aus analogen und digitalen Maßnahmen zu finden, um Probleme wie „Handynacken” oder „Nomophobie” – die Angst, ohne Handy unerreichbar für soziale und geschäftliche Kontakte zu sein – nicht noch zu verstärken.

Junge Azubis sind von klein auf mit dem Internet und sozialen Medien aufgewachsen.
BGF für Azubis: Ideen für Maßnahmen im Betrieb

Welche konkreten Maßnahmen ergeben sich daraus? Die Möglichkeiten sind wie immer vielfältig. Wir listen hier einige Ideen auf, die die körperliche und mentale Gesundheit von Azubis adressieren.

 

Körperliche Gesundheit

 

  • Schritte-Challenges: Ein Wettbewerb über 4 Wochen, bei dem Azubi-Teams (z. B. nach Abteilungen) über eine App Schritte sammeln.

 

  • Meal Prep“-Kochkurse: Gemeinsames Kochen unter Anleitung eines Ernährungscoaches mit Fokus auf günstige, gesunde und schnelle Mahlzeiten für die Berufsschule oder die Arbeitspause.

 

  • Ergonomie-Führerschein: Kurze, interaktive Workshops direkt am Arbeitsplatz (egal ob im Büro, in der Produktionshalle oder Pflegeeinrichtung), in denen das richtige Heben, Tragen oder Sitzen geübt wird – inklusive Zertifikat.

 

  • Wearable-Integration: Bezuschussung von Fitness-Trackern oder Smartwatches, die Schlaf und Aktivitäten tracken.

 

  • „Aktive Pause“: Zugriff auf eine Bibliothek mit kurzen, 5-10-minütigen Videos für Stretching und Mobilisation, die direkt am Arbeitsplatz oder im Homeoffice durchgeführt werden können.

 

  • Ruheraum: Einrichtung eines Rückzugsortes, an dem in Pausen wirklich Stille herrscht und wo Azubis dem Lärm und der Reizüberflutung entkommen.
Ergonomie-Wissen kann kurz und interaktiv vermittelt werden.

Mentale Gesundheit

 

  • Seminar „Fit für die Prüfung“: Ein Workshop speziell gegen Prüfungsangst, mit Techniken zu Zeitmanagement, Lernstrategien und mentaler Entspannung vor Klausuren in der Berufsschule.

 

  • Digitale Meditationsangebote: Apps oder Videos mit geführten Meditationen, Achtsamkeitsübungen und Einschlafhilfen.

 

  • Anlaufstellen aufbauen: Ausbildung von Vertrauenspersonen im Betrieb, an die sich Azubis bei psychischen Krisen niedrigschwellig wenden können.

 

  • Digital Detox Challenge: Eine begleitete Woche, in der Azubis ihre Bildschirmzeit (Screentime) tracken und versuchen, sie durch Offline-Aktivitäten zu reduzieren.

 

  • Anonyme Online-Beratung: Zugang zu einer externen Mitarbeiterberatung, die per Chat oder Video-Call bei Sorgen hilft – egal ob beruflicher oder privater Natur.

 

  • Verzicht auf Rauchen und Alkohol: Team-Challenges organisieren, bei denen Azubis mit Apps einen Monat lang die Tage tracken, an dem sie nicht geraucht oder Alkohol getrunken haben.

 

  • Rauschbrillen-Parcours: Ein Event organisieren, bei dem mit Spezialbrillen die Beeinträchtigung durch Alkohol oder Drogen simuliert wird, während motorische Aufgaben gelöst werden müssen.

 

Allgemein könnte das verantwortliche BGM-Team einen Gesundheitstag speziell für Auszubildende ausrichten, um deren spezifische Lebenswelten und Themen zielgenau anzusprechen. Für nachhaltige Lerneffekte könnten die Azubis auch selbst die Organisation eines solchen Events oder einer anderen Gesundheitsaktion als eigenständiges Projekt übernehmen. Durch aktive Partizipation setzen sich Nachwuchskräfte über einen längeren Zeitraum intensiv mit Prävention auseinander und gestalten das Thema Gesundheit im Unternehmen motiviert mit.

Digitale BGM-Plattform

  • »Mein Phileo«
    Die ganzheitliche BGM-Plattform versorgt Beschäftigte mit wissenschaftlich fundierten Infos rund um die Themen mentale Gesundheit, Stressprävention, Bewegung, Selbstorganisation, Meditation, Ernährung und vieles, vieles mehr. Kompakt aufbereitet in Artikeln, Podcasts, Videos, Umfragen, Quizzes oder interaktiven Challenges. Die Plattform liefert Beschäftigten genau die Inhalte, die zu ihnen passen – individuell, persönlich und unterstützend.
BGF für Azubis: Davon profitieren am Ende alle

Auch wenn Gesundheitsangebote für Auszubildende spezifisch auf ihre Lebenswelt zugeschnitten sein müssen: Sie sollten keine isolierte Maßnahme bleiben, sondern fest in ein ganzheitliches BGM integriert werden. Dabei birgt der Blick auf die junge Generation wertvolle Impulse für die gesamte Belegschaft: Ob digitale Tools, Gamification oder Challenges – ein modernes BGM, das Spaß macht und motiviert, ist schließlich nicht nur etwas für junge Berufseinsteiger:innen, sondern Beschäftigte jeden Alters.

Weiterführende Infos

1
Statista: Anzahl der Auszubildenden in Deutschland von 1950 bis 2024
2
Destatis (2025): 1,0 % weniger neue Ausbildungsverträge in der dualen Berufsausbildung im Jahr 2024
3
WIdO(2019): Gesundheitszustand und Gesundheitsverhalten von Auszubildenden
4
BIBB (2024): Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2024
5
BKK Dachverband e.V. (2023): Gesundheitsreport – Gesunder Start ins Berufsleben
6
BGHW (2022): Mehr Wissen, besser schützen